Wallfahrten (mhd. wallen, in eine bestimmte Richtung ziehen, fahren, unterwegs sein) haben eine sehr alte Tradition, die lange vor den Beginn des Christentums zurückreicht. Seit jeher diente die Wallfahrt oder Pilgerfahrt der Erfüllung eines heiligen Gebotes oder dem Besuch einer bestimmten Pilgerstätte, denn sie geht zurück auf den alten Glauben, dass übernatürliche Mächte ihre Kraft an bestimmten Orten besonders entfalten. Schon die antiken Griechen und Römer kannten Wallfahrten, im antiken Judentum kannte man die Pilgerreise zum Tempel nach Jerusalem zu den drei Pilgerfesten Pessach (erinnert an den Auszug aus Ägypten), Schawuot (50 Tage nach Pessach, zur Erinnerung an den Empfang der Zehn Gebote, auch ein Erntedankfest) und Sukkot (das Laubhüttenfest, das daran erinnert, dass die Menschen sich auf das vergängliche Materielle wenig verlassen, sondern nur Gott unbedingt vertrauen können).
Christen wallfahrteten, um Sünden abzutragen, religiöse Läuterung zu erfahren, geheilt zu werden oder in besonderen Anliegen zu beten.
Spätestens nach dem Buch von Harpe Kerkeling "Ich bin dann mal weg" erlebte das Pilgern eine erneute Renaissance.
Was bewegt die Menschen, welches Bedürfnis steckt heute hinter dieser Auszeit? Warum gehe ich?
Warum nehmen so viele Menschen die Bürde und Schmerzen einer Pilgerreise auf sich?
Ist es:
die Suche nach Gott,
die Suche nach sich selbst - meiner eigenen Frömmigkeit-,
die Suche nach einem Zeichen Gottes,
der Wunsch nach Vergebung von Sünden,
der Wunsch nach Heilung von Körper oder Seele,
die spirituelle Energie heiliger Orte spüren zu wollen,
die eigenen Grenzen zu erfahren gepaart mit Neugier oder Abenteuerlust?
Welche persönlichen Beweggründe es auch sein mögen, ein Anliegen von Wallfahrern war es immer neue Wege zu entdecken und die empfangenen Impulse mit nach zu Hause zu nehmen und in den Alltag einzubinden.
Pilgern kann man kann auf vielerlei Weise: zu Fuß, mit dem Rad, mit unterschiedlichen Verkehrsmitteln und mit dem Herzen. Es müssen nicht die berühmten Pilgerrouten sein, die uns Aufbrechen lassen, ebenso wenig sportlicher Ehrgeiz verbunden mit etwas Jugendherbergsromantik. Offene Augen, offene Ohren und ein offenes Herz für Gott und die Mitmenschen sind Anstoß genug.
Jede Wallfahrt wird angeführt vom Kreuz, dem Zeichen für unseren Glauben und unsere Gemeinschaft. Wer beim Pilgern den Gekreuzigten nicht aus dem Blick verliert, wird seinen Weg zum Ziel finden.
So möge der Pilgersegen aus dem 4. Jahrhundert alle begleiten, die sich auf den Weg machen:
Herr, sei du vor mir, um mir den Weg zu zeigen
Herr, sei du neben mir, um mich in die Arme zu schließen und mich zu schützen.
Herr, sei du unter mir, um mich aufzufangen, wenn ich falle, und mich aus der Schlinge zu ziehen.
Herr, sei du in mir, um mich zu trösten, wenn ich traurig bin.
Herr, sei du um mich herum, um mich zu verteidigen, wenn andere über mich herfallen.
Herr, sei über mir, um mich zu segnen